Businessplanerstellung bei Nachfolgen und Übernahmen

Im Rahmen des Managementcenter Nord wurden österreichische Steuer- und Unternehmensberater befragt, woran deren zu betreuenden Klienten aufgrund von Übernahmen bzw. Nachfolgen gescheitert sind. In 51 % der Fälle wurde das Fehlen eines Businessplanes und in der Folge das Fehlen eines Controllings als wesentlich für das Scheitern von Nachfolgen gesehen.

Normalerweise erstellt man einen Businessplan mit den klassischen Elementen von der Strategie über die Stärken-Schwächen-Analyse bis zur Budgetplanung in Hinblick auf das zukünftige Geschäftsziel. In Nachfolgesituationen empfiehlt sich darüber hinaus eine Gegenüberstellung zwischen Ist- und Sollsituation zu entwickeln. Also ein Businessplan mit jeweils 2 Spalten: Eine Spalte, in welcher der Sollzustand nach Übernahme eingetragen wird und eine zweite Spalte, in welcher gegenüberstellend der aktuelle Zustand aufgezeigt wird. In dieser Form sieht man am besten, welche Kriterien im betreffenden Fall zu einer erfolgreichen Übernahme führen.

Die Struktur und Fragestellungen können wie folgt aussehen:

Istzustand des Unternehmens? Situation, in der sich das Unternehmen befindet. Sollzustand des Unternehmens? Situation, die nach der Übernahme/Nachfolge erzeugt werden soll.

Ziele, Strategie, Geschäftsidee, -modell, Rollen

Was ist die grundlegende Geschäftsidee? Wie ist das Geschäftsmodell aufgebaut?Wie sieht die aktuelle Strategie des Unternehmens aus?

Welche Ziele verfolgt das Unternehmen mit welchem Erfolg?

Rolle des Übergebers vor und nach der Übergabe?

Was sind die Kernkompetenzen des Unternehmens?

Wo liegen die Alleinstellungsmerkmale?

 

Wie wird sich die Geschäftsidee ändern? Welche Aspekte wird es nicht mehr geben? Welche Geschäftsideen kommen dazu?Was verändert sich somit am Geschäftsmodell?

Wie ist die Strategie anzupassen?

Welche Ziele leiten sich hieraus ab?

Was möchte der Übernehmer / Nachfolger persönlich mit dem Unternehmen erreichen?

Rolle des Übernehmers/Nachfolgers vor bzw nach der Übernahme?

Welche Erfordernisse an die Kernkompetenzen stellt die Zukunft und wo werden die Alleinstellungsmerkmale dann liegen?

Produkte / Leistungen / Zielgruppen / Nutzen

Wie sind die derzeitigen Produkte und Leistungen beschaffen?Welche Zielgruppen gibt es?

Was sind die Hauptmerkmale?

Wie sind diese kalkuliert?

Welche Produktmerkmale sind dem Kunden wichtig?

Welche Hauptnutzen werden für welche Zielgruppen hergestellt?

 

Welche Zielgruppen werden in Zukunft forciert?
Welchen Nutzen erwarten sich diese Zielgruppen? Welche Bedürfnisse haben die spannendsten Zielgruppen?Welche konkreten Produktmerkmale werden sich daher verändern?

Wie wird diese Produktentwicklung bewerkstelligt?

Wie sind diese Produkte dann kalkuliert?

Markt

Wie groß ist der Markt hinsichtlich der derzeit bedienten Zielgruppen?Welches Potenzial liegt hier vor?

Wie weit ist dieses ausgeschöpft?

Wie wurden derzeit diese Kunden erreicht und bedient?

Welche Marktregeln liegen vor?

Wie erfolgt der Vertrieb?

 

Wie groß ist der Markt in Zukunft hinsichtlich der zu forcierenden Zielgruppen?Wie ändert sich dieses Potenzial?

Wie kann das Potenzial erreicht werden? Was ändert sich daher in der Vertriebsstruktur?

Wie müssen in Zukunft die Kunden anders angesprochen werden, um diese zu erreichen?

Wie ändern sich die Marktregeln bzw wie können die Marktregeln gestaltet werden?

Mitbewerb

Wie ist der derzeitige Mitbewerb beschaffen?Wie reagiert der Mitbewerb auf das eigene bestehende Angebot?

 

Wie ändert sich der bestehende Mitbewerb?Was ändert sich bei der Konkurrenz aufgrund der Änderungen?

Wie wird der Mitbewerb auf die Veränderungen reagieren und wie kann dem begegnet werden?

Personal, Management, Struktur und Prozesse

Wie ist das Personal derzeit strukturiert (dh welche Hierarchiestufen, Qualifikationen, Altersstruktur, etc liegen vor)?Welche Vor- und Nachteile bietet die vorliegende Struktur?

Welche Kennzahlen wie Personalfluktuation, Mitarbeiterzufriedenheit, Krankenstände, etc. zeigen welche Themen auf?

Welche Prozesse und insbesondere Schnittstellen bestehen und welche Engpässe können hier identifiziert werden?

Welche Führungsinstrumente werden eingesetzt?

Welche Aufgaben haben die Schlüsselpersonen?

 

Was muss in der Personalsituation anders strukturiert werden?Wohin wird sich das Personal mittelfristig entwickeln?

Was wird sich in den Prozessen ändern, welche Schnittstellen werden Probleme bereiten, wo werden Engpässe entstehen und wie können diese Problemstellungen gelöst werden?

Wie kann die Veränderung gesteuert werden?

Was wird sich im Bereich der Schlüssel-personen verändern?

Welche neuen Führungsinstrumente kommen zum Einsatz und was sollen diese bewirken?

Infrastruktur

Welche Infrastruktur (Geräte, Maschinen, Standorte, Betriebsräumlichkeiten, etc.) liegt vor?Was leistet die Infrastruktur?

Welche Erfordernisse in der Infrastruktur sind gegeben (z.B. Instandhaltungsbedarf)?

 

Wie muss die Infrastruktur angepasst werden?Was ist auszuscheiden, zu erhalten oder zu erneuern?

Was kann übernommen werden und was nicht?

Ressourcen / Know How /  Netzwerke / Kooperationen

Welche weiteren Ressourcenzugänge hat das Unternehmen (z.B. Rohstoffversorgung)?Welches Spezial-Know-How ist gegeben?

Wie weit ist der Erfolg in bestimmten Bereichen vom Übergeber abhängig?

In welchen Netzwerken und Kooperationen befindet sich das Unternehmen?

 

Wie wird sich der Ressourcenzugang verändern und was ist hier zu tun?Welches Spezial-Know-How ist zusätzlich erforderlich? Welches geht verloren bzw. welches muss auf welche Weise erhalten werden?

Wie kann die Abhängigkeit des Erfolges vom Übergeber eliminiert werden?

Wie können Netzwerke, Kontakte und Kooperationen leistungsfähig übergeben werden und wie sind diese in der Zukunft aufzubauen?

Rahmenbedingungen (Rechtsform, Finanzierung)

Welche Rechtsform hat das Unternehmen? Vor- und Nachteile der Rechtsform?Ist die Rechtsform sinnvollerweise vor Übergabe noch zu ändern (asset deal versus share deal)?

Wie ist die Finanzierung aufgestellt?

Welchen Kapitaldienst kann das Unternehmen leisten?

Welchen Preis müsste der Übergeber erhalten, um im Alter davon leben zu können?

 

Welche Rechtsform ist für den übernommenen Betrieb am sinnvollsten?Was sind die Gründe dafür?

Wie kann in die neue Rechtsform überführt werden?

Wie kann die Finanzierung der Übernahme, aber auch des laufenden Geschäftsbetriebes sichergestellt werden?

Welcher Kaufpreis kann aufgrund der zu erwartenden Renditen verkraftet werden?

Welche Auswirkung hat das sich ändernde Geschäftsmodell auf die Finanzdaten des Unternehmens?

Wie können eventuelle Finanzierungsthemen gelöst werden?

Fahrplan

Zeitpunkt der Übernahme?Milestones?

Kaufpreisfindung?

Vorbereitungsmaßnahmen auf Übergeber- und Übernehmerseite?

Monetäre Planung (Leistungsbudget, Finanzplan, Planbilanz)

 

Und beachten Sie: Das Erstellen des Businessplanes – also der Prozess – ist wesentlicher, als dann das Ergebnis an sich. Denn bei der Erstellung werden jedem Übernehmer und Nachfolger die Erfolgsfaktoren bewusst, die es in der Folge zu beachten gilt. Dieses Bewusstsein führt ganz automatisch zu erfolgreicheren Nachfolgen.

Darüber hinaus sollten Steuerungswerkzeuge (also Controllinginstrumente) eingerichtet werden, welche unmittelbar erkennen lassen, ob der Übernehmer bzw. Nachfolger in seinen Umsetzungsmaßnahmen und Umsetzungsergebnissen auf Kurs liegt.
Gerne unterstützt Sie das Managementcenter Nord hierbei

In den weiteren Newslettern werden wir Schritt für Schritt die immer wesentlicheren Punkte, woran Übernahmen und Nachfolgen scheitern, beschreiben und Lösungsansätze hierfür anbieten.

Autor: Mag. Harald Schützinger