Die Planung ist falsch

An oberster Stelle der Gründe, warum Übernahmen und Nachfolgen scheitern, ist die Tatsache, dass auf zu optimistische Planrechnungen gebaut wird. In 75,34 % der Fälle wurde eine falsche Planrechnung als wesentlich für das Scheitern von Nachfolgen gesehen.

Wie ist das zu erklären?

Der Nachfolger ist offensichtlich der Meinung, dass er in rascher Zeit viele Änderungen durchführen kann, die sich positiv auf das Ergebnis auswirken. Meist greifen die Veränderungen aber nicht so wie gewollt, es treten Schwierigkeiten auf (z.B. Mitarbeiter können mit dem häufig eintretenden Kulturwandel nicht umgehen und es kommt zu Leistungsverlusten anstatt zu Leistungsverbesserungen), die der Nachfolger nicht absehen konnte oder wollte; da das Eigenkapital häufig unzureichend ist, da dieses beispielsweise vorab dem Unternehmen entzogen wurde (was ja häufig anzutreffen ist), ist das Unternehmen auf kleine Störungen bereits äußerst anfällig (z.B. führt eine kleine Verschlechterung der Performance rasch zur Unfähigkeit mit Skonto zu zahlen, was sich zu einer Ertragsverschlechterung auswächst und letzten Endes eine Abwärtsspirale in Gang bringt). D.h. die Zahlen verschlechtern sich häufig in der Anfangsphase, anstatt sich zu verbessern.

Psychologisch dürfte kaum ein Nachfolger in der Lage sein, eine Verschlechterung zu planen. Jeder Nachfolger setzt intuitiv auf Verbesserungen, da es zum Selbstverständnis eines Unternehmers gehört, sich Restrukturierungen zuzutrauen. Aber es spricht sehr viel dafür, dass sich die Zahlen in der Anfangszeit verschlechtern – denn Restrukturierungen kosten meist Geld (wie z.B. Beendigungsansprüche von Dienstnehmern, Investitionen in modernere Betriebsmittel, etc.).

Bei gänzlichen Neugründungen (d.h. nicht Übernahmen) haben die Gründer meist noch geringe Markterfahrungen, sodass es klar ist, dass Planungen anfällig sind; letztlich lernt der Gründer erst, was funktioniert und was nicht und hier entspricht häufig das in der Folge erfolgreich entwickelte Geschäft überhaupt nicht mehr dem ursprünglich aufgestellten Businessplan.

Doch bei Nachfolgen kennt man die Performance des zu übernehmenden Unternehmens über lange Jahre hinweg und es ist ja nicht häufig damit zu rechnen, dass nach der Übernahme / Nachfolge alles ganz anders sein wird, sodass man durchaus eine entsprechende Planungsgenauigkeit hinbekommen könnte. Aber offensichtlich sind die Nachfolger so euphorisch, dass sie meinen, so viel in naher Zukunft ändern zu können, sodass es gleich viel besser laufen wird, was eben dann leider oft nicht so eintritt. Ein weiterer Grund könnte sein, dass im zu übergebenden Unternehmen noch nie Planrechnungen (G&V, Liquiditätsplan, Bilanzplan, etc.) gemacht wurden und aufgrund der mangelnden Planungskultur hier noch relativ geringe Fähigkeiten im Budgetieren gegeben sind. Der Übernehmer tappt dann in die Falle, dass er im Rahmen der erstmaligen Planung sich rasch einstellende Verbesserungen rechnet, die sich so nicht erreichen lassen (2 % höhere Preise in einem Plan gerechnet, was ja nicht viel erscheint, wirken sich rechnerisch mit 2 %-Punkten höherer Umsatzrendite aus; wenn Unternehmen (wie viele KMU) von Haus aus nur 2% Umsatzrendite erwirtschaften, so entspricht die 2%-Erhöhung auf 4 % eine Verdoppelung des Gewinnes).

Darüber hinaus wird vor allem der Liquiditätsbedarf unterschätzt – wenn man beispielsweise in einer Planrechnung annimmt, dass in der Regel die Forderungen innerhalb von 30 Tagen eingehen und diese aber dann in Realität erst in 60 Tagen eingehen, so entspricht dies einer Verdoppelung des Forderungsstandes und somit Vorfinanzierungsbedarfs (d.h. aus z.B. 1,5 Mio. Lieferforderungen werden 3 Mio. Forderungen, sodass zusätzliche 1,5 Mio. unvorhergesehen zu finanzieren wären).

Man kann somit jedem Unternehmen raten, bereits lange vor der Übergabe Controllinginstrumente (und zwar insbesondere integrierte Planungsrechnungen und Soll-Ist-Vergleiche) durchzuführen, damit eine Planungskultur entsteht und die Lernkurve (hinsichtlich Planungen) im Zeitpunkt der Übergabe abgeschlossen ist. D.h. wenn aufgrund eines langjährigen Planungswissens im Unternehmen, wo die Pläne meist schon sehr gut eintreffen, dann die Nachfolge geplant wird, werden die Änderungen mit einer realistischeren Einschätzung verarbeitet werden.

Darüber hinaus sollte nicht nur eine Planungsrechnung sondern ein ganzer Businessplan erstellt werden – d.h. mit verbaler Erläuterung wie das Geschäftsmodell hinsichtlich z.B. Markt, Kundennutzen, Produktentwicklung, etc. vor und nach der Übernahme aussehen wird. Häufig wird erst gar kein Businessplan erstellt, da ohnedies in der Familie übergeben wird und man einfach nur auf die vergangenen Bilanzen schaut. Vor allem, wenn keine besondere Finanzierung für den Nachfolger aufgestellt werden soll, gibt es auch keine Institution, die einen Businessplan verlangt.

Man kann jedoch den Rat geben, dass in jedem Fall ein Businessplan entwickelt werden sollte.

Hierbei ist anzumerken, dass 94,1 % der Betriebe, die übergeben werden, unter 2 Mio. Umsatz haben (d.h. nur 5,9 % über 2 Mio. Umsatz). Bei Unternehmen unter 2 Mio. Umsatz werden ohnedies in der Regel kaum Controllingwerkzeuge eingesetzt. Auch den Übernehmern fehlt in diesem Kontext das Wissen, worauf man sich bei der Steuerung des Unternehmens konzentrieren soll. Und genau hieraus resultiert dann, wenn doch eine Planung benötigt wird, dass diese viel zu optimistisch und mit viel zu wenigen Reserven aufgestellt wird.

Bei Übernahmen außerhalb der Familie wird hingegen häufig der Verkäufer sein Unternehmen am Höhepunkt des Unternehmenswertes verkaufen. D.h. der Verkäufer hat die letzten Jahre ein Unternehmen mit Pioniergeist zu einem prosperierenden Unternehmen geformt und möchte genau in dem Zeitpunkt, indem er „Gewitterwolken“ für sein Unternehmen aufziehen sieht (z.B. aufgrund eines zunehmenden Verdrängungswettbewerbs, etc.) „die Früchte seiner Arbeit ernten“ und „seine Schäfchen ins Trockene bringen“. Wenn der Unternehmer nun genau zu diesem Höhepunkt verkauft, dann geht es danach tendenziell bergab. Doch dies kann ein Käufer ja kaum so wahrnehmen – sonst würde er das Unternehmen nicht kaufen oder die Risiken stärker in den Kaufpreis einpreisen. Daher kommt es für den Käufer zu überraschenden Verschlechterungen, die der Verkäufer vielleicht schon geahnt hat.

Hat der Verkäufer hingegen den Zeitpunkt des Höhepunktes übersehen und ist mit seiner Firma bereits talwärts unterwegs, so meinen die Käufer auch meist diesen Abschwung rasch auffangen zu können. Wir kennen die Planungen mit Hockey – Stick –Effekt und wissen, dass diese Planungen fast immer falsch sind. Trotzdem scheint es eine psychische Falle zu sein. Letztlich ist es Selbstüberschätzung.

Oftmals werden Pläne erstellt, indem aus der Vergangenheit die Werte nur fortgeschrieben werden und dann die Verbesserungen prozentuell eingeschätzt werden und hinzugeschlagen werden. Es empfiehlt sich hingegen, zuerst eine Prognoserechnung zu erstellen und dann jegliche Maßnahmen aufzulisten und zur jeweiligen Maßnahme die Wirkung (mit Höhe und Beginn und Wirkdauer versehen) hinzuzusetzen. Diese bewerteten Maßnahmen führen die Prognose in eine Planungsrechnung über. Somit kann neben einem zahlentechnischen Soll-Ist-Vergleich nun auch ein Maßnahmen-Soll-Ist-Vergleich durchgeführt werden.

Beispiel: In den letzten Jahren wurden die Preise nicht nachverhandelt. Die fünf Haupteinkaufsprodukte, die 80 % des gesamten Einkaufes ausmachen, werden bei 3 Lieferanten eingekauft und machen bereits eine Summe von 5 Mio. p.a. aus. Die Preise wurden seinerzeit auf Basis eines Einkaufvolumens von 0,75 Mio. verhandelt. Man geht davon aus, dass man anstatt der drohenden Preissteigerung von 3 % einen 2 %igen Nachlass verhandeln kann und zwar mit Wirkung ab dem nächsten Kalenderjahr. Die Verhandlungen sollen bis 3 Monate vor dem Jahresende abgeschlossen sein. Die Verhandlungen wird der Übernehmer persönlich führen. Somit wird im nächsten Jahr eine Kostenminderungswirkung bei gleichbleibenden Mengen von 100.000 geplant (resultierend aus 5 Mio. x 2 %).

Diese Maßnahme kann nun überwacht werden. D.h. es kann überprüft werden, ob der Übernehmer im angegebenen Zeitraum Verhandlungen führt und wie diese Verhandlungsergebnisse aussehen und ob die Ziele erfüllt, unter- oder übererfüllt werden.

In der Praxis wird nicht jede Maßnahme zum Erfolg führen. Aber man kann zumindest einen optimistischen Plan nicht nur auf einem Grundoptimismus basierend aufbauen, sondern auf konkrete Maßnahmen hin.

Wenn man die Planrechnungen, die bei Banken abgegeben werden, aufaddieren würden, so hätten wir einen erheblich höheren Wirtschaftsaufschwung, so diese Planungen auch wie geplant eintreffen würden.

Und es ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn Planungen (wie gerade geschildert – d.h. mit Maßnahmen hinterlegt) optimistisch sind. Denn der Optimismus setzt genau jene Energie frei, die einen Unternehmer zu einem Unternehmer statt einem ängstlichen Unterlasser machen.

Aufgrund der Systematik integrierter Erfolgs-, Liquiditäts- und Bilanz-Planung führt man einen optimistischen Erfolgsplan aber auch in einen optimistischen Liquiditätsplan über. Und genau hier liegt der Fehler. Denn der Erfolg ist mit Optimismus zu planen, wohingegen die Liquidität mit Realismus, wenn nicht sogar Pessimismus, zu planen ist. Dies bedeutet, dass hier Puffer einzubauen sind, die nicht im Erfolgsplan, aber im Liquiditätsplan und in der Planbilanz aufscheinen. Denn, wenn die Liquidität ausgeht, dann ist das Unternehmen ruiniert. Die Liquidität ist stets als Minimalanforderung zu erhalten. Daher ist hier mit der nötigen kaufmännischen Vorsicht vorzugehen.

Häufig werden auch keine Szenarien gerechnet. Es gibt ja meist nicht nur eine Richtung.

Planungsrechnungen sind so flexibel aufzubauen, dass entsprechende Interdependenzen bei Änderungen gleich erkannt und in der Rechnung richtig verändert werden. Beispielsweise beträgt der Kuraufenthalt von jeweils 1 Monat (d.h. ca. 150 h Leistung) von 2 verrechenbaren Mitarbeitern (also 300 h) bei einem 10-Personen-Unternehmen mit 8 Produktivmitarbeitern (und somit ca. 11.500 verrechenbaren Stunden) 2,6 % der verrechenbaren Leistung. Entweder man muss somit um 2,6 % weniger Wertschöpfung bei gleichen Personalkosten rechnen oder diese Zeit mit Überstunden oder Leasingarbeitern abdecken, was zu mehr Personalkosten führt.

Für die verschiedenen Szenarien bedarf es daher Reaktionsmuster.

Wenn überhaupt, so wird meist in einer Nachfolgesituation nur ein Plan aufgestellt und es gibt darüber hinaus kaum weitere Szenarien, die durchgespielt werden.

Die grundsätzlichen Reaktionsmuster auf unerwartete Ereignisse sollten somit mit einer Planung ebenfalls festgelegt werden und in verschiedenen Szenarien gerechnet werden.

Statt einer best-cace und worst-case Betrachtung ist es viel besser verschiedene Szenarien durchzuspielen, um zu sehen, wie sich dies auf die gesamte Unternehmensrechnung auswirkt. Denn jedes Szenario zeigt Problembereiche auf, die auf eine bestimmte Art und Weise gelöst werden können. Darüber hinaus zeigt die Szenariorechnung auch auf, was die bessere Entscheidung wäre, da unterschiedliche Maßnahmen samt deren Auswirkungen im jeweiligen Szenario durchgerechnet werden.

Ein best-case tritt selten ein und ein worst-case ist ohnedies meist ein Katastrophenszenario, das niemals eintreten soll, sodass diese Eckrechnungen nicht zielführend und oft nicht erkenntnisreich sind.

Verschiedene Szenarien bereiten einen Nachfolger aber darauf vor, womit er dann auch in der Realität konfrontiert ist. Somit ist der Nachfolger besser auf Veränderungen eingestellt und kann, wenn ein gutes Controllingsystem vorliegt, rascher mit den richtigen Maßnahmen reagieren.

Wie man konkret Szenarien mittels Monte Carlo Simulation rechnet und wie man in einer integrierten Planung Puffer richtig einbaut finden Sie mit einem konkreten Rechenbeispiel im „Nachfolgebuch“, das die Berater des Managementcenter Nord gerade für Sie verfassen. Wir fassen alle hier erschienen Blogbeiträge zu einem Buch zusammen und erweitern dies um konkrete Handlungsanleitungen wie z.B. im vorliegenden Blogbeitrag um konkrete Beispiele zum Puffer-Einbau und zur Simulation.

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