Macht und Ohnmacht im Übergabe-/Übernahmeprozess (Teil 1)

Wenn von einem Übernahmeprozess geredet wird, wird kaum einmal das Thema auf Macht und Ohnmacht gelenkt werden. Auf den ersten Blick mag dies auch absurd erscheinen; die Praxis zeigt jedoch, dass ein zweiter Blick erforderlich ist, um viele Handlungsweisen der Akteure selbst und vor allem der Mitarbeiter zu verstehen. Es geht dabei auch selten um offen erkennbare Absichten, sondern vielmehr um verdeckte, auch unbewusste Verhaltensweisen, die dem Übernehmer die Bewältigung seiner neuen Aufgaben erschweren.

Worin liegt die Problematik?

Auch wenn die Sache multidimensional ist, so liegt dennoch die Problematik in der Veränderung von in der Vergangenheit geschaffenes in ein zukünftiges Umfeld. Um hier etwas Struktur hineinzubringen ist es zweckmäßig, verschiedene Aspekte zu unterscheiden.

Zunächst ist einmal bedeutsam, in welchen Unternehmensphasen der Übergeber das Unternehmen geführt hat.
Hat er es

  • selbst gegründet hat,
  • in einer Wachstumsphase geführt,
  • konsolidiert, oder gar
  • vor einem Niedergang abgegeben?

Dann spielen die Persönlichkeit des Übergebers und sein Führungsstil eine entscheidende Rolle.
War er

  • patriarchalisch autoritär
  • eine patriarchalische Autorität, oder
  • kooperativ?

Die fachliche Qualifikation und der Umgang mit seinen Stärken und Schwächen haben die Betriebsorganisation ebenfalls entscheidend geprägt. Je nach Art des zu übergebenden Unternehmens ist mehr oder weniger technisches Wissen gefragt. Oftmals ist dieses Wissen aber gerade der Gründungsimpuls gewesen und stellt die Stärke des Übergebers dar. Technisch konkurrenzfähige Produkte zu kreieren ist für Produktionsunternehmen die Daseinsberechtigung; aber Technik alleine führt das Unternehmen nicht. Somit stellt sich die Frage nach der umfassenden Führung. Ein Funktionsvakuum ist in einem Unternehmen nicht wirklich möglich, denn diese Funktionen werden immer in einer Art und Weise ausgeführt. Wird es nicht von der Geschäftsleitung festgelegt, dann machen es die Mitarbeiter aus sich heraus, so gut sie es selbst können. Damit spielt auch die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter eine wesentliche Rolle.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor ist persönliche Leistungsbereitschaft des Übergebers und oftmals auch die seiner engeren Umgebung. Die Leistungsmotivation wird von einem starken Willen getrieben, etwas zu schaffen und das unabhängig von den Arbeitsbedingungen, der Arbeitsumgebung und auch der Privatsphäre. Gerade Gründer arbeiten nicht selten in ihrem Unternehmen, sondern sie sind vielmehr ihr Unternehmen und es ist eine Verschmelzung von Persönlichkeit und Unternehmen erfolgt. Meist geht das auf Kosten der Privatsphäre, die es dann kaum mehr – oder nur zu eingeschränkten Zeiten im Jahr wie in der kargen Urlaubszeit, wo dann alles nachgeholt werden muss und somit wiederum Stress erzeugt – gibt und unter der auch die späteren Übernehmer bereits im Kindesalter darunter gelitten haben.

Die Führung eines Unternehmens hinterlässt Spuren. Es ist wie in der Natur, wo Rücken und Täler entstehen, und wo das Wasser immer mehr die gleichen Bahnen wählt und diese vergrößert, ausspült, bis nur mehr diese vorhanden sind. Man kann es gut mit einem frisch aufgeschütteten Erdhaufen vergleichen, an dem Regen sich zu schaffen machte und Wassergänge gestaltete, in denen das Wasser abfließt und immer weiter ausspült. Unten bleibt eine Moräne zurück. Will man diese wegschaufeln und wirft sie auf den Erdhaufen zurück, so wird sie der nächste Regen wieder wegspülen, wenn nicht rechtzeitig Vorkehrungen getroffen wurden. Darin kann die Ohnmacht des Nachfolgers liegen. Er kann leichter die vorhandenen Wassergänge nutzen als diese zu beseitigen. Wenn aber ein „Erdrutsch“ droht, müssen „andere Wasserwege“ geschaffen und die „Erde aufgefüllt“ werden.

Weiterführende Informationen finden Sie hier im Blog in den nächsten Tagen:

  • Teil 2: Macht und Ohnmacht in den einzelnen Unternehmensphasen und die Auswirkung im Übernahmeprozess
  • Teil 3: Die Rolle der Persönlichkeiten von Übergeber und Übernehmer
  • Teil 4: Welche Erkenntnisse können daraus gezogen werden?

 

Die Planung ist falsch

An oberster Stelle der Gründe, warum Übernahmen und Nachfolgen scheitern, ist die Tatsache, dass auf zu optimistische Planrechnungen gebaut wird. In 75,34 % der Fälle wurde eine falsche Planrechnung als wesentlich für das Scheitern von Nachfolgen gesehen.

Wie ist das zu erklären?

Der Nachfolger ist offensichtlich der Meinung, dass er in rascher Zeit viele Änderungen durchführen kann, die sich positiv auf das Ergebnis auswirken. Meist greifen die Veränderungen aber nicht so wie gewollt, es treten Schwierigkeiten auf (z.B. Mitarbeiter können mit dem häufig eintretenden Kulturwandel nicht umgehen und es kommt zu Leistungsverlusten anstatt zu Leistungsverbesserungen), die der Nachfolger nicht absehen konnte oder wollte; da das Eigenkapital häufig unzureichend ist, da dieses beispielsweise vorab dem Unternehmen entzogen wurde (was ja häufig anzutreffen ist), ist das Unternehmen auf kleine Störungen bereits äußerst anfällig (z.B. führt eine kleine Verschlechterung der Performance rasch zur Unfähigkeit mit Skonto zu zahlen, was sich zu einer Ertragsverschlechterung auswächst und letzten Endes eine Abwärtsspirale in Gang bringt). D.h. die Zahlen verschlechtern sich häufig in der Anfangsphase, anstatt sich zu verbessern.

Psychologisch dürfte kaum ein Nachfolger in der Lage sein, eine Verschlechterung zu planen. Jeder Nachfolger setzt intuitiv auf Verbesserungen, da es zum Selbstverständnis eines Unternehmers gehört, sich Restrukturierungen zuzutrauen. Aber es spricht sehr viel dafür, dass sich die Zahlen in der Anfangszeit verschlechtern – denn Restrukturierungen kosten meist Geld (wie z.B. Beendigungsansprüche von Dienstnehmern, Investitionen in modernere Betriebsmittel, etc.).

Bei gänzlichen Neugründungen (d.h. nicht Übernahmen) haben die Gründer meist noch geringe Markterfahrungen, sodass es klar ist, dass Planungen anfällig sind; letztlich lernt der Gründer erst, was funktioniert und was nicht und hier entspricht häufig das in der Folge erfolgreich entwickelte Geschäft überhaupt nicht mehr dem ursprünglich aufgestellten Businessplan.

Doch bei Nachfolgen kennt man die Performance des zu übernehmenden Unternehmens über lange Jahre hinweg und es ist ja nicht häufig damit zu rechnen, dass nach der Übernahme / Nachfolge alles ganz anders sein wird, sodass man durchaus eine entsprechende Planungsgenauigkeit hinbekommen könnte. Aber offensichtlich sind die Nachfolger so euphorisch, dass sie meinen, so viel in naher Zukunft ändern zu können, sodass es gleich viel besser laufen wird, was eben dann leider oft nicht so eintritt. Ein weiterer Grund könnte sein, dass im zu übergebenden Unternehmen noch nie Planrechnungen (G&V, Liquiditätsplan, Bilanzplan, etc.) gemacht wurden und aufgrund der mangelnden Planungskultur hier noch relativ geringe Fähigkeiten im Budgetieren gegeben sind. Der Übernehmer tappt dann in die Falle, dass er im Rahmen der erstmaligen Planung sich rasch einstellende Verbesserungen rechnet, die sich so nicht erreichen lassen (2 % höhere Preise in einem Plan gerechnet, was ja nicht viel erscheint, wirken sich rechnerisch mit 2 %-Punkten höherer Umsatzrendite aus; wenn Unternehmen (wie viele KMU) von Haus aus nur 2% Umsatzrendite erwirtschaften, so entspricht die 2%-Erhöhung auf 4 % eine Verdoppelung des Gewinnes).

Darüber hinaus wird vor allem der Liquiditätsbedarf unterschätzt – wenn man beispielsweise in einer Planrechnung annimmt, dass in der Regel die Forderungen innerhalb von 30 Tagen eingehen und diese aber dann in Realität erst in 60 Tagen eingehen, so entspricht dies einer Verdoppelung des Forderungsstandes und somit Vorfinanzierungsbedarfs (d.h. aus z.B. 1,5 Mio. Lieferforderungen werden 3 Mio. Forderungen, sodass zusätzliche 1,5 Mio. unvorhergesehen zu finanzieren wären).

Man kann somit jedem Unternehmen raten, bereits lange vor der Übergabe Controllinginstrumente (und zwar insbesondere integrierte Planungsrechnungen und Soll-Ist-Vergleiche) durchzuführen, damit eine Planungskultur entsteht und die Lernkurve (hinsichtlich Planungen) im Zeitpunkt der Übergabe abgeschlossen ist. D.h. wenn aufgrund eines langjährigen Planungswissens im Unternehmen, wo die Pläne meist schon sehr gut eintreffen, dann die Nachfolge geplant wird, werden die Änderungen mit einer realistischeren Einschätzung verarbeitet werden.

Darüber hinaus sollte nicht nur eine Planungsrechnung sondern ein ganzer Businessplan erstellt werden – d.h. mit verbaler Erläuterung wie das Geschäftsmodell hinsichtlich z.B. Markt, Kundennutzen, Produktentwicklung, etc. vor und nach der Übernahme aussehen wird. Häufig wird erst gar kein Businessplan erstellt, da ohnedies in der Familie übergeben wird und man einfach nur auf die vergangenen Bilanzen schaut. Vor allem, wenn keine besondere Finanzierung für den Nachfolger aufgestellt werden soll, gibt es auch keine Institution, die einen Businessplan verlangt.

Man kann jedoch den Rat geben, dass in jedem Fall ein Businessplan entwickelt werden sollte.

Hierbei ist anzumerken, dass 94,1 % der Betriebe, die übergeben werden, unter 2 Mio. Umsatz haben (d.h. nur 5,9 % über 2 Mio. Umsatz). Bei Unternehmen unter 2 Mio. Umsatz werden ohnedies in der Regel kaum Controllingwerkzeuge eingesetzt. Auch den Übernehmern fehlt in diesem Kontext das Wissen, worauf man sich bei der Steuerung des Unternehmens konzentrieren soll. Und genau hieraus resultiert dann, wenn doch eine Planung benötigt wird, dass diese viel zu optimistisch und mit viel zu wenigen Reserven aufgestellt wird.

Bei Übernahmen außerhalb der Familie wird hingegen häufig der Verkäufer sein Unternehmen am Höhepunkt des Unternehmenswertes verkaufen. D.h. der Verkäufer hat die letzten Jahre ein Unternehmen mit Pioniergeist zu einem prosperierenden Unternehmen geformt und möchte genau in dem Zeitpunkt, indem er „Gewitterwolken“ für sein Unternehmen aufziehen sieht (z.B. aufgrund eines zunehmenden Verdrängungswettbewerbs, etc.) „die Früchte seiner Arbeit ernten“ und „seine Schäfchen ins Trockene bringen“. Wenn der Unternehmer nun genau zu diesem Höhepunkt verkauft, dann geht es danach tendenziell bergab. Doch dies kann ein Käufer ja kaum so wahrnehmen – sonst würde er das Unternehmen nicht kaufen oder die Risiken stärker in den Kaufpreis einpreisen. Daher kommt es für den Käufer zu überraschenden Verschlechterungen, die der Verkäufer vielleicht schon geahnt hat.

Hat der Verkäufer hingegen den Zeitpunkt des Höhepunktes übersehen und ist mit seiner Firma bereits talwärts unterwegs, so meinen die Käufer auch meist diesen Abschwung rasch auffangen zu können. Wir kennen die Planungen mit Hockey – Stick –Effekt und wissen, dass diese Planungen fast immer falsch sind. Trotzdem scheint es eine psychische Falle zu sein. Letztlich ist es Selbstüberschätzung.

Oftmals werden Pläne erstellt, indem aus der Vergangenheit die Werte nur fortgeschrieben werden und dann die Verbesserungen prozentuell eingeschätzt werden und hinzugeschlagen werden. Es empfiehlt sich hingegen, zuerst eine Prognoserechnung zu erstellen und dann jegliche Maßnahmen aufzulisten und zur jeweiligen Maßnahme die Wirkung (mit Höhe und Beginn und Wirkdauer versehen) hinzuzusetzen. Diese bewerteten Maßnahmen führen die Prognose in eine Planungsrechnung über. Somit kann neben einem zahlentechnischen Soll-Ist-Vergleich nun auch ein Maßnahmen-Soll-Ist-Vergleich durchgeführt werden.

Beispiel: In den letzten Jahren wurden die Preise nicht nachverhandelt. Die fünf Haupteinkaufsprodukte, die 80 % des gesamten Einkaufes ausmachen, werden bei 3 Lieferanten eingekauft und machen bereits eine Summe von 5 Mio. p.a. aus. Die Preise wurden seinerzeit auf Basis eines Einkaufvolumens von 0,75 Mio. verhandelt. Man geht davon aus, dass man anstatt der drohenden Preissteigerung von 3 % einen 2 %igen Nachlass verhandeln kann und zwar mit Wirkung ab dem nächsten Kalenderjahr. Die Verhandlungen sollen bis 3 Monate vor dem Jahresende abgeschlossen sein. Die Verhandlungen wird der Übernehmer persönlich führen. Somit wird im nächsten Jahr eine Kostenminderungswirkung bei gleichbleibenden Mengen von 100.000 geplant (resultierend aus 5 Mio. x 2 %).

Diese Maßnahme kann nun überwacht werden. D.h. es kann überprüft werden, ob der Übernehmer im angegebenen Zeitraum Verhandlungen führt und wie diese Verhandlungsergebnisse aussehen und ob die Ziele erfüllt, unter- oder übererfüllt werden.

In der Praxis wird nicht jede Maßnahme zum Erfolg führen. Aber man kann zumindest einen optimistischen Plan nicht nur auf einem Grundoptimismus basierend aufbauen, sondern auf konkrete Maßnahmen hin.

Wenn man die Planrechnungen, die bei Banken abgegeben werden, aufaddieren würden, so hätten wir einen erheblich höheren Wirtschaftsaufschwung, so diese Planungen auch wie geplant eintreffen würden.

Und es ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn Planungen (wie gerade geschildert – d.h. mit Maßnahmen hinterlegt) optimistisch sind. Denn der Optimismus setzt genau jene Energie frei, die einen Unternehmer zu einem Unternehmer statt einem ängstlichen Unterlasser machen.

Aufgrund der Systematik integrierter Erfolgs-, Liquiditäts- und Bilanz-Planung führt man einen optimistischen Erfolgsplan aber auch in einen optimistischen Liquiditätsplan über. Und genau hier liegt der Fehler. Denn der Erfolg ist mit Optimismus zu planen, wohingegen die Liquidität mit Realismus, wenn nicht sogar Pessimismus, zu planen ist. Dies bedeutet, dass hier Puffer einzubauen sind, die nicht im Erfolgsplan, aber im Liquiditätsplan und in der Planbilanz aufscheinen. Denn, wenn die Liquidität ausgeht, dann ist das Unternehmen ruiniert. Die Liquidität ist stets als Minimalanforderung zu erhalten. Daher ist hier mit der nötigen kaufmännischen Vorsicht vorzugehen.

Häufig werden auch keine Szenarien gerechnet. Es gibt ja meist nicht nur eine Richtung.

Planungsrechnungen sind so flexibel aufzubauen, dass entsprechende Interdependenzen bei Änderungen gleich erkannt und in der Rechnung richtig verändert werden. Beispielsweise beträgt der Kuraufenthalt von jeweils 1 Monat (d.h. ca. 150 h Leistung) von 2 verrechenbaren Mitarbeitern (also 300 h) bei einem 10-Personen-Unternehmen mit 8 Produktivmitarbeitern (und somit ca. 11.500 verrechenbaren Stunden) 2,6 % der verrechenbaren Leistung. Entweder man muss somit um 2,6 % weniger Wertschöpfung bei gleichen Personalkosten rechnen oder diese Zeit mit Überstunden oder Leasingarbeitern abdecken, was zu mehr Personalkosten führt.

Für die verschiedenen Szenarien bedarf es daher Reaktionsmuster.

Wenn überhaupt, so wird meist in einer Nachfolgesituation nur ein Plan aufgestellt und es gibt darüber hinaus kaum weitere Szenarien, die durchgespielt werden.

Die grundsätzlichen Reaktionsmuster auf unerwartete Ereignisse sollten somit mit einer Planung ebenfalls festgelegt werden und in verschiedenen Szenarien gerechnet werden.

Statt einer best-cace und worst-case Betrachtung ist es viel besser verschiedene Szenarien durchzuspielen, um zu sehen, wie sich dies auf die gesamte Unternehmensrechnung auswirkt. Denn jedes Szenario zeigt Problembereiche auf, die auf eine bestimmte Art und Weise gelöst werden können. Darüber hinaus zeigt die Szenariorechnung auch auf, was die bessere Entscheidung wäre, da unterschiedliche Maßnahmen samt deren Auswirkungen im jeweiligen Szenario durchgerechnet werden.

Ein best-case tritt selten ein und ein worst-case ist ohnedies meist ein Katastrophenszenario, das niemals eintreten soll, sodass diese Eckrechnungen nicht zielführend und oft nicht erkenntnisreich sind.

Verschiedene Szenarien bereiten einen Nachfolger aber darauf vor, womit er dann auch in der Realität konfrontiert ist. Somit ist der Nachfolger besser auf Veränderungen eingestellt und kann, wenn ein gutes Controllingsystem vorliegt, rascher mit den richtigen Maßnahmen reagieren.

Wie man konkret Szenarien mittels Monte Carlo Simulation rechnet und wie man in einer integrierten Planung Puffer richtig einbaut finden Sie mit einem konkreten Rechenbeispiel im „Nachfolgebuch“, das die Berater des Managementcenter Nord gerade für Sie verfassen. Wir fassen alle hier erschienen Blogbeiträge zu einem Buch zusammen und erweitern dies um konkrete Handlungsanleitungen wie z.B. im vorliegenden Blogbeitrag um konkrete Beispiele zum Puffer-Einbau und zur Simulation.

Ungeplante Unternehmensnachfolge

Lösungen im Ernstfall – Aufruf zur Planung: Die Unternehmensnachfolge ist eine Querschnittsmaterie; ein Mehr an Regelungen schadet mangels detaillierter gesetzlicher Bestimmungen nicht. Sie ist eines der sensibelsten Projekte im Lebenszyklus von Unternehmen und bedarf in seiner Strukturierung besonders behutsamen Vorgehens. Hinzu kommt das quasi „soziologische Problem“, dass nicht nur der Unternehmer, sondern jeder Mensch dazu neigt, komplexe amorphe Aufgaben (wie beispielsweise die Strukturierung einer Unternehmensnachfolge) länger als zweckdienlich vor sich herzuschieben.

Es ist aber die Aufgabe von Unternehmern, diese Prozesse und Problemlagen zu lösen, zu strukturieren, wozu zweckmäßigerweise ein erfahrenes Projektteam (Berater, befreundete Unternehmer-Persönlichkeiten, etc.) rechtzeitig eingerichtet werden sollte.

Die allgemeine Lebenserfahrung – wie auch die rechtlichen Konsequenzen – zeigen, dass die Frage der Unternehmensnachfolge eigentlich niemals völlig ungelöst sein darf. Zumal ohne Testament ganz einfach die gesetzliche Erbfolge eintritt und aller Wahrscheinlichkeit nach dadurch keinesfalls die gewünschten oder angedachten Rechtsfolgen eintreten, empfiehlt es sich unbedingt, zumindest eine Übergangslösung, Zwischenlösung oder vorläufige Lösung stets, also auch für den ungeplanten Ernstfall, umgesetzt zu haben.

Lösungen im Ernstfall

Bei einem Einzelunternehmen bietet sich an, zumindest einen Erben zu benennen, der das Unternehmen – zumindest für die Phase der Verlassenschaftsabwicklung – fortführen kann. Es besteht ein gewerberechtliches Fortbetriebsrecht; dennoch wird es dann, wenn der eingesetzte Erbe das Unternehmen nicht fortführen möchte, zweckmäßig sein, dieses möglichst bald – etwa in eine Kapitalgesellschaft auf Basis des begünstigenden Umgründungssteuerrechts – einzubringen.

In diesem Fall wäre zusätzlich die bedingte Erbserklärung (verbunden mit einem Antrag auf Errichtung eines Inventars im Verlassenschaftsverfahren zur Begrenzung der zu übernehmenden Schulden) anzudenken, damit nicht etwa ein überschuldetes Unternehmen auf diesem Wege auf den voll haftenden Erben übergeht. Auch der Einsatz von Managern auf Zeit, die in der kritischen Phase helfen, wird zu überlegen sein.

Bei Gesellschaften Bürgerlichen Rechts, Offenen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften kommt es dann, wenn der Komplementär von einem ungeplanten Ableben betroffen ist, zur Auflösung der Gesellschaften; auch hier gelten die oben genannten Maßnahmen als sinnvoll; zusätzlich sind die erbrechtlichen Regelungen im Gesellschaftsvertrag (etwaige Nachfolgeklauseln, Eintrittsklauseln, etc.) zu prüfen.

Wenn Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (GmbH & Co KG, GmbH, AG, etc.) betroffen sind, hat dies auf das Unternehmen zunächst keinen all zu gravierenden Einfluss; sofern die betroffene Person Geschäftsführer oder Vorstand war, wäre eine Neubestellung zu organisieren, da ansonsten ein Notgeschäftsführer durch das Gericht bestellt wird. Die stabilere Rechtsform einer Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung zeigt hier ihre Vorteile, insbesondere auch aus steuerlicher Sicht (keine Realisierung Stiller Reserven durch ungeplante Auflösung).

Als Zwischenlösung wird bei jungen Unternehme(r)n wird meistens ein Testament gewählt, mit welchem sich die Ehepartner wechselseitig als Universalerben einsetzen. Die Kinder werden in dieser Lebensphase üblicherweise auf den Pflichtteil gesetzt.

Bei größeren Gesellschaften wird für Zwischenlösungen insbesondere auch die Führungsstruktur zu prüfen bzw. anzusprechen zu sein, damit hier eine möglichste geringe Destabilisierung und eben keine Zersplittung eintritt. Dennoch ist auch die Frage der Willensbildung in den größeren Gesellschaften eventuell von Bedeutung, insbesondere wenn ein Mehrheitsgesellschafter vom ungeplanten Ablebensfall betroffen ist.

Die Pflichtteilsproblematik

Ist einmal im Falle einer ungeplanten Nachfolgesituation das Unternehmen einigermaßen stabilisiert, tritt sehr oft sofort die Pflichtteilsproblematik auf. Vielfach ist der Wert des Unternehmens die zentrale Vermögensposition des Erblassers, der aber verpflichtet ist, 50 % seines Nachlasses und der bereits zu Lebzeiten durchgeführten Schenkungen (an pflichtteilsberechtigte Personen) an die (übrigen) Pflichtteilsberechtigten (Ehegatten, Kinder) weiter zu geben. Nicht selten wird dadurch das Unternehmen mit hohen Ausgleichszahlungen belastet, die im Nichteinigungsfall existenzgefährdend sein können. Dies zeigt, dass die Unternehmensnachfolge rechtzeitig geplant und bearbeitet werden muss, damit aufgebaute Unternehmenswerte nicht durch familiäre Zwistigkeiten gefährdet oder gar vernichtet werden.

Ausblick und Maßnahmen

Die jeweilige Entwicklungssituation im Unternehmen und – sofern relevant – in der Familie, sollten alle zwei bis fünf Jahre, so lauten die Empfehlungen der Berater einhellig, wiederum einer kurzen kritischen Betrachtung unterzogen werden. Testamente können bekanntlich jederzeit ohne viel Aufwand angepasst werden. Der Vertrauensanwalt oder sonstige –berater helfen dabei gerne.

Letztlich ist vor dem Hintergrund der Pflichtteilsproblematik stets auch daran zu denken, ein gewisses Privatvermögen aufzubauen und nicht alles in die betriebliche Risikosphäre zu investieren.

Sobald möglich, empfiehlt sich auch eine Betriebsaufspaltung dahingehend, dass der operative Betrieb oder die operativen Betriebe vom unternehmerischen „Familiensilber“ (Liegenschaften, wertvolle Immaterialgüterrechte, Maschinen, Fuhrpark, etc.) getrennt werden. Dies ist auch generell für unternehmerische Überlegungen im Sinne einer Risikoeingrenzung bzw. -vermeidung sinnvoll.

Oft wird ein etwa zehnjähriger Zeitraum für die Planung und Vorbereitung der tatsächlichen Unternehmensnachfolge empfohlen. Die Bildung eines Projektteams (Recht, Steuern, Kommunikation und Umsetzung) mag – je nach Größe und Schwierigkeitsgrad der Aufgaben – sinnvoll sein.

Vielfach werden dabei heutzutage Schrittabfolgen oder Milestones definiert, nach denen vorgegangen wird; eine „schrittweise Unternehmensnachfolge“ wird häufig einer Gesamtübergabe in einem Schritt vorgezogen. Dadurch soll eine höhere Umsetzungssicherheit gewährleistet sein, die es auch ermöglicht, den angedachten Plan immer wieder zu verfeinern oder auch je nach Entwicklung des Unternehmens- und der Übergabesituation, abzuändern.

Je nach Größe der umzusetzenden Nachfolgelösung wird auch häufig ein Unternehmensnachfolgebeirat eingerichtet. Dem oder den Übernehmern wird damit ein aufsichtsrats-gleiches Beratungsgremium zur Seite gestellt, welches die Übergabesituationen, weiteren Entwicklungen durch Einbringung bzw. weiteres Zurverfügungstellung des bisherigen Know hows gewährleisten soll.

Zur Absicherung der übergebenden Gesellschafter werden immer wieder Fruchtgenussrechte (können sehr variabel gestaltet sein, was die Dauer, Höhe und auch den Inhalt [beispielsweise Stimmrechte] betrifft) eingesetzt. Wurde allerdings zuvor schon eine Betriebsaufspaltung in eine Besitzgesellschaft einerseits und Produktions- und Vertriebsgesellschaften andererseits vorgenommen, kann dies unter Umständen entfallen, weil die Übergeber ohnehin durch Erträge oder restlich verbleibende Anteile an der Besitzgesellschaft versorgt werden können, auch ohne unternehmerischen Einfluss.

Maßgeschneiderte Lösungen erforderlich

Der vorstehende Kurzabriss über die Probleme einer ungeplanten Nachfolgelösung mag Ihnen zusammen mit einigen Hinweisungen für vorläufige oder Zwischenlösungen Denkanstöße zur Lösung Ihrer persönlichen Übergabe oder Nachfolgesituation liefern. Die aufgezeigten Wege können helfen, für die am Nachfolgeprozess Beteiligten passende Modelle zu gestalten. Aber auch die Suche nach einem oder mehreren geeigneten Nachfolgern oder Übernehmern kann erforderlich sein, sofern solche Personen weder im Unternehmen, noch in der Familie oder im Freundes- und Bekanntenkreis verfügbar sind. Die Statistik zeigt uns, dass zur Zeit bereits mehr als 50 % der Nachfolgelösungen extern umgesetzt werden, also durch Verkauf, Management-Buy-Out oder Management-Buy-In.

Die leidenschaftliche Unterstützung des MCN in diesen Fragen darf vorausgesetzt werden.

 

Autor: DDr. Alexander Hasch

 

Das Geschäft neu Erfinden – in drei Schritten zum neuen Geschäftsmodell

Für das Scheitern von Übernahmen sind nicht angepasste Geschäftsmodelle gleichermaßen ausschlaggebend als nicht zukunftsträchtige Geschäftsmodelle per se (beide Aspekte kamen auf rund 56% der Antworten – Quelle: Studie des MCN, 2013).

Wettbewerb ist mehr und mehr eine Frage richtiger Beherrschbarkeit von Zeit. Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen überholen die Langsamen. Eberhard von Kuenheim (ehem. Vorstandsvorsitzender BMW)

Einer der wesentlichen Erfolgsbausteine für KMUs in Vergangenheit und Zukunft ist, sich rasch an neue Chancen und Wettbewerbsverhältnisse anpassen zu können. Was gestern noch erfolgreich war, ist morgen schon der rasche Weg in den Untergang. Der Erfolgsfaktor ist also nicht die Größe und die finanzielle Stabilität sondern die Fähigkeit sein Unternehmen immer wieder ein Stück weit neu zu erfinden und resilient auf die Veränderungen der Märkte und Technologien zu reagieren.

Managementexperten gehen davon aus, dass in einem Wirtschaftsumfeld, welches durch Diskontinuitäten geprägt ist, selbst die weltbesten Fähigkeiten und die höchste Motivation nicht mehr ausreichend sind, um nachhaltig profitabel zu sein. In diesen Fällen ist nicht die Produktinnovationen oder das Engagement des Verkaufs essentiell, sondern die elementare Neugestaltung ganzer Geschäftsmodelle (Business Modell Innovation, abgekürzt: BMI).

Geschäftsmodellanpassungen sind also Anpassung der zentralen Nutzen und Aktivitäten eines Betriebes. Ein neues Geschäftsmodel ist ein völlig neuer Weg wie eine Organisation ihren zentralen Nutzen und Wert generiert, diesen an die Kunden kommuniziert und auch liefert. Allen bewährten Methoden der Geschäftsmodellentwicklung zB Blue Ocean [Kim/ Mauborgne], Business Model Generation Canvas [Osterwalder/Pigneur] etc. gemeinsam sind

  • ein systematischer Entwicklungsprozess und
  • einige grundlegende Kernelemente.

Die Kernelemente von Geschäftsmodellen:
Ein Geschäftsmodell besteht in der einfachsten Form aus einer Value Proposition (=Nutzenversprechen), einer Wertschöpfungsarchitektur (=Schlüsselressourcen & Schlüsselprozessen) und dem Ertragsmodell.

Während der Business Model Generation Canvas ein gut durchdachtes Instrument mit Schwerpunkt Analyse von Geschäftsmodellen ist, zielt die Blue Ocean Strategy zielt darauf ab, einen Markt bzw. zu definieren / zu finden, in der wenig bis kein Mitbewerb existiert („Blue Oceans“). Ziel beider Ansätze ist es, durch Geschäftsmodellinnovation eine eigene Marktnische zu schaffen.

Spezifische Problemstellungen für die Anpassung von Geschäftsmodellen im Zuge von Nachfolge und Übernahmesituationen

Die Ursachen für eine mangelnde Anpassung des Geschäftsmodells im Zuge einer Übernahme liegen in unterschiedlichen Bereichen verwurzelt.

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Die Ursachen für nicht zukunftsfähige Geschäftsmodelle liegen meist in der Hemisphäre des Übergebers verwurzelt. Für den Übernehmer gilt es, dies schon vor dem Vertragsabschluss bzw. der Übernahme zu erkennen.

Wenn du erkennst, dass du ein Totes Pferd reitest, steige ab! (Weisheit der Dakota-Indianer)

Tote Pferde können bei Betriebsübernahmen beispielsweise Ladenhüter im Produktsortiment, Produkte mit negativem DB oder ganze Geschäftsbereiche sein, welche aus Tradition „mitgeschleppt“ werden. Tote Pferde können aber auch ganze Betriebe sein, die vielleicht noch den vermeintlichen Glanz der Vergangenheit vor sich hertragen, aber nicht mehr zukunftsträchtig sind. Für den Übernehmer gilt nur eines: „Vorsicht!“ Solche Betriebe sind auch mit nur leicht veränderten Geschäftsmodellen (siehe Einzelhandels Schlecker und dessen Nachfolger Daily) nicht mehr zukunftsfähig. Je nach Branche und Gewinnmarge vertragen unterschiedliche Geschäftsmodelle auch unterschiedliche Prozentsätze von Fremdkapital. Mangelndes Eigenkapital ist statistisch die Insolvenzursache Nr. 1 in Österreich. Verursacht wird dieses mangelnde Eigenkapital zumeist durch ein langfristiges Margenproblem und nicht durch 1-2 schlechte Jahre. Die erzielten Margen (unabhängig von Rücklagenauflösungen, etc.) können Experten mit Sachverstand relativ leicht analysieren.

3-Stufenmodell für die Anpassung von Geschäftsmodellen

Welche Ursachen und Gefahren die nicht Nicht-Anpassung von Geschäftsmodellen hat, wurde in den vorangehenden Rubriken überblicksartig beschrieben. Die Vermeidung dieser Fallen erfordert ein systematisches Vorgehen, auch um die Geschäftsmodell-Innovation nicht zu übertreiben und sich sozusagen aus dem Markt zu sprengen. Die Überprüfung und Anpassung der Geschäftsmodelle sollte folgende Stufen umfassen:

Graphik_3Stufenmodell_BM_Anpassung

Gleich vorweg eines: Es gibt noch eine Reihe anderer Werkzeuge und Ansätze im Übernahmeprozess. In diesem Blog werden ausgewählte Werkzeuge sowie deren Vorgangsweise kurz beschrieben.

Zu Beginn des konkreten Verkaufs- und Übernahmeprozesses sollte eine Due Diligence Prüfung des zu verkaufenden Unternehmens stehen, welche ein in Übernahmefragen versierter Berater durch seine Erfahrung, Plausibilitätsrechnungen und Checklisten unterstützt. Die Überprüfung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und der Geschäftsbereiche (zB der Beitrag des Standortes in Wien oder des Technologiefeldes X) ist dabei das zentrale Ergebnis. Neben dem Unternehmer sind die Schlüsselkräfte gleichzeitig eine Schlüssel-Ressource für den Erfolg eines Unternehmens. Wir empfehlen ganz eindringlich den Übernahmeprozess durch Integrationsarbeit bzw. Organisationsentwicklung auf der Ebene der Schlüsselkräfte zu unterstützen. Es ist die beste Investition überhaupt, sich pro-aktiv mit den (versteckten) Widerständen in der Organisation auseinanderzusetzen und die latenten Konflikte zu lösen (zB Nachfolger eröffnet einen neuen Standort in der Nähe der Großstadt).

Gerade für KMUs wird sich die Frage „Womit erzeugen wir einen wahrnehmbaren Mehrwert für unsere Kunden?“ stellen. Ergebnis dieser Wertarbeit ist ein 3-Jahres Programm inkl. Mitarbeiterausbildung und –entwicklung um Mehrwert auf allen Ebenen zu schaffen. Gesetzt den Fall, sie haben in Ihrem Übernahmeprozess die bisherigen Schritte berücksichtigt, sind sie auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel. Als nächstes gilt es die neue Geschäftsmodell-Strategie umzusetzen. Wesentlich sind dabei zwei parallele Schritte:

  • Ressourcenentwicklung: Neue Geschäftsmodell umzusetzen benötigt Zeiteinsatz der Füh-rungskräfte neben dem Alltaggeschäft. Dies gelingt bspw. durch das Anstellen einen Innovationsassistenten (dieser ist in vielen Bundesländern förderbar), Partnerschaften oder durch Management auf Zeit.
  • Tests des Geschäftsmodells sind unbedingt notwendig. Essentiell sind dabei rasche Rückkopplungsmechanismen („Scheitern Sie rasch“) um mit Sicherheit auf das richtige Pferd zu setzen.

Bei der Kostenentwicklung spielen die Ressourcen eine wesentliche Rolle. Fixkosten sollten im ersten Schritt soweit möglich variabilisiert werden, dies kann bei Infrastruktur durch Mietmodelle mit Umstiegsmöglichkeiten, Partnerschaften, etc. realisiert werden. In der Praxis ist hier zu bemerken, dass es oftmals von Übergeberseite verabsäumt wird, ein kurzfristiges Controlling auf Auftrags– bzw. Produktseite einzurichten. Beim Fehlen dieses Instrumentariums wird allerdings die neue Ausrichtung von Unternehmensteilen zum Blindflug bei Überschallgeschwindigkeit.

TIPP: Bauen Sie kurzfristige Kosten- und Erfolgsrechnung auf, bevor der Übernehmer das Unternehmen zur Gänze übernimmt.


Fazit

Unternehmen müssen sich in regelmäßigen Abständen neu erfinden um erfolgreich zu bleiben. Das gilt mehr denn je in der Phase der Übernahme eines Unternehmens. Die Frühphase in der Übernahme und in der Anpassung der Geschäftsmodelle ist entscheidend. Da-her sollen bewährte Instrumente in dieser Phase verstärkt eingesetzt werden („Frontloading“), denn dort erzielen Sie den größten Hebel. Ein systematisches, schrittweises Vorgehen reduziert das Risiko wesentlich. Das beginnt mit einer Commercial Due Diligence, welche auch eine Überprüfung des Geschäftsmodells beinhaltet, beinhaltet die systematische Entwicklung von Ressourcen und endet mit erfolgreichen neuen Lösungen nach einer harten Testphase für das Geschäftsmodell in der Praxis.

Autor: Mag. Andreas Gumpetsberger, MBA

Zu viel Optimismus, zu wenig Eigenkapital, zu hoher Preis als Stolpersteine.

In ihrem Artikel „Woran Nachfolger scheitern“ beschäftigt sich Andrea Möchel (Wiener Zeitung) mit den Ergebnissen der MCN Studie. Einige Auszüge lesen Sie hier:

In der Biografie jedes Unternehmens gibt es kritische Phasen, die über Fortbestand und Scheitern entscheiden. Neben der Firmengründung ist vor allem die Übergabe an einen Nachfolger ein besonders heikler Moment. Mit seiner Studie „Woran scheitern Übernahmen beziehungsweise Nachfolgen bei Klein- und Mittelunternehmen?“ hat Unternehmensberater Harald Schützinger die häufigsten Fallstricke für Nachfolger eruiert.

232 Experten für Firmenübergaben, darunter Steuerberater, Unternehmensberater und Übergabeconsultants wurden für das Projekt des Managementcenters Nord befragt. Ihre „Vogelperspektive“ sollte verhindern, dass Emotionen den Blick auf die tatsächlichen Ursachen für ein Scheitern trüben.

Zu viel Optimismus

75 Prozent der befragten Experten werteten die zu optimistische Planung des Übernehmers als besonders häufiges Problem. „Das war für mich überraschend, denn bei Nachfolgen kennt man doch die Performance des zu übernehmenden Unternehmens über lange Jahre hinweg, sodass man durchaus eine entsprechende Planungsgenauigkeit hinbekommen könnte“, zeigt sich Studienautor Schützinger verwundert. „Offensichtlich sind die Nachfolger aber so euphorisch, dass sie meinen, so viel in naher Zukunft ändern zu können, dass es gleich viel besser laufen wird, was dann leider oft nicht so eintritt.“ Ebenfalls rund 75 Prozent der für die Studie Befragten machten mangelndes Eigenkapital als große Gefahr aus. „Der Übernehmer sollte sein Abenteuer nur eingehen, wenn ausreichend Eigenkapital im Unternehmen vorhanden ist, sei es, dass er dieses mit ausreichend Eigenkapital ausstattet oder genügend Eigenkapital vom Übergeber im Unternehmen verbleibt“, rät Schützinger.

Er warnt vor einem weiteren Faktor, der das Scheitern einer Übernahme begünstige: ein zu hoher Preis. Der Übergeber müsse oft von den Erträgen aus der Firmenübergabe seinen Lebensabend finanzieren, ob hierfür auch ausreichend Unternehmenswerte geschaffen wurden, sei aber oft fraglich. Schützinger: „Eine Übergabe sollte daher generell zu jenem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Wert des Unternehmens am höchsten ist.“

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Genau wie bisher – nur ein bisschen anders!

Die unterschiedlichen Persönlichkeiten von Übergeber und Übernehmer lösen alleine für sich schon eine Diskontinuität in der Führung aus. Da Bekanntes durch Unbekanntes abgelöst wird, entsteht einmal Unsicherheit. Diese Unsicherheit bringt aber einerseits als Folge (i. S. v. „abkaufen lassen“) und andererseits als Entwicklungsmöglichkeit (i.S. v. „Chancen von Veränderungen nutzen“) Erwartungen mit sich, die sich tw. wesentlich von früher unterscheiden. Je stärker das erlebte Verhalten vom erwarteten Verhalten abweicht und je weniger das beabsichtigte Verhalten wahrgenommen wird, desto schwieriger gestaltet sich die Übernahme, und desto energischer müssen die Beharrungskräfte überwunden werden. Das könnte selbst wiederum zum „Circulus Vitiosus“ werden.

Beharrungskräfte im Unternehmen

Veränderungen sind immer mit Unsicherheiten behaftet. Es liegt in der Natur des Menschen, Unsicherheit stets in Sicherheit verwandeln zu wollen. Die Grundtendenz ist mehr in der Verteidigung der Sicherheit zu sehen als im Aufbruch. Der Übernehmer hat sich damit vielmehr mit Killerphrasen wie „das geht (bei uns) nicht“ auseinanderzusetzen als mit Veränderungswillen, wie „das gehen wir gleich an“! Nun liegt es an der Persönlichkeitsstruktur des Übernehmers, hier adäquat und konstruktiv, aber auch unmissverständlich zu reagieren. Ist ein „Bewegungszustand“ einmal eingetreten, gilt es das Prinzip der „Kaltverformung“ zu nutzen.

Die „Kunst der Übernahme“ liegt darin, das Paradoxon Leistungsbereitschaft (= der Drang, die eigenen Fähigkeiten einzusetzen) versus Sicherheitsbestreben (ja keinen Zustand der Unsicherheit aufkommen zu lassen) zu überwinden: Dies gilt insbesondere so lange, bis aufgrund von Veränderungen „Sicherheit“ erreicht wird; diese wird dann „verteidigt“, was die beschriebenen Beharrungskräfte hervorruft. Die „Kunst der Übernahme“ scheint damit auch in den Fähigkeiten des Übernehmers begründet zu sein, das „richtige“ Maß an Herausforderungen zu schaffen und Veränderungen zu fordern. In der Tat kann ein Erfolgsgeheimnis erfolgreicher Übernahme darin liegen, dass ein hohes aber noch nicht ungesundes Maß an Unsicherheit geschaffen wird.

Der Führungsübergang vom Übergeber an den Übernehmer

Übergeber und Übernehmer haben eine völlig andere aus der Herkunft stammende Prägung und damit auch eine gänzlich andere Persönlichkeitsstruktur. Das beabsichtigte Verhalten lässt sich in bestimmten Grenzen noch abstimmen und hängt von den jeweiligen Zielen des Übernehmers ab. Dieser handelt durchaus klug, wenn er in der ersten Phase der Übernahme sich mit allzu großen Veränderungen und neuen Zielen zurückhält. Die Nicht-Verfügbarkeit der umfassenden Unternehmenskenntnis zwingt aber den Übernehmer, dennoch neue Strukturen zu schaffen. Die Berücksichtigung von 2 Führungsprinzipien erweisen sich als vorteilhaft:

  • Das Prinzip der Struktur (als männliches Prinzip) und
  • das Prinzip der Kultur (als weibliches Prinzip).

Die Struktur bildet sich in den betrieblichen Prozessen der Leistungserstellung ab. Diese Prozesse sind häufig auf den Übergeber als Entscheider zugeschnitten; ohne seine Entscheidungen läuft meist nichts. Die Mitarbeiter sind es gewohnt, nach klaren Handlungsanweisungen zu arbeiten, und ihnen fehlen auch oft das spezifische Wissen und die Zusammenhänge, um selbständig entscheiden zu können. Nun ist aber mit der Übernahme eine Wissenslücke entstanden; diese kann nur mit Entscheidungen unter großer Unsicherheit oder durch die Verteilung des erforderlichen Wissens geschlossen werden. Übernehmer wie auch Mitarbeiter sind da gleichsam gefordert: der Übernehmer mit einem gewissen „Mut zur Lücke“ und die Mitarbeiter mit einem raschen Kompetenzaufbau. Letzteres geschieht aber nicht von selbst, sondern muss gefordert werden. Und dazu müssen neben neuen Strukturen auch eine neue Kultur geschaffen werden.

Die zentrale patriarchalische Führung ist von einer dezentralen zielorientierten Führung abzulösen. Das bedingt zumindest eine neue Aufbauorganisation mit klaren Zuständigkeiten, das sich in der Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung niederschlägt. Diese neue Organisation beginnt nicht automatisch zu leben und führt nicht per se zu besseren Ergebnissen, sondern muss gerade in der Anfangszeit eingefordert und nach dem Prinzip kybernetischer Regelkreise steuernd begleitet werden.

Struktur als männliches Prinzip und Kultur als weibliches Prinzip erschaffen quasi als „Kind“ die Dynamik als drittes Element. Die Entstehung einer derartigen Dynamik ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine gelingende Übernahme.

 

Fazit

Genau wie bisher geht nicht mehr! Es hat sich mindestens ein entscheidender Faktor geändert: die Person des Übernehmers. Es „muss“ ein bisschen anders werden! Die informelle Struktur des Übergebers muss durch eine formelle Organisation des Übernehmers abgelöst werden. Da der gewachsene patriarchalisch straffe Führungsstil des Übergebers vom Übernehmer nicht aufrechterhalten werden kann, muss er diesen mit einer zielorientiert straffen Führung ersetzen. Die operative Entscheidungsfähigkeit wird durch geeignete Strukturen ermöglicht, die von prozessorientierten Hilfsmittel unterstützt werden. Platz für Diskussionen und Spielräume muss zumindest in der ersten Phase möglichst knapp gehalten werden, was aber nicht einen Wissens- und Erfahrungsaustausch ausschließen soll. Es gilt zunächst den „Ball flach zu führen“; d.h., dass zuerst nur in den operativen Prozessen Sicherheit und Zuverlässigkeit angestrebt wird, bevor strategische Veränderungen angegangen werden können. Eben: nur ein bisschen anders!

Autor: Dr. Norbert Obermayr

Die unterschiedlichen Persönlichkeiten von Übergebern und Übernehmern

Im Rahmen der Studie gaben 53,88 % an, dass Kultur- und Führungsveränderung (d.h. insbesondere Kulturveränderung aufgrund eines anderen Führungsstils des Übernehmers) zu Problemen (z.B. Demotivation der Mitarbeiter, etc.) und daher womöglich zum Scheitern von Nachfolgen führt. Dieser Aspekt wird hier näher beleuchtet.

Vor einer Übergabe ist das System „Unternehmung“ in einem weitgehend einschätzbaren Zustand. Nun ändert sich aber der Eigentümer und Geschäftsführer. Damit ändert sich das System gravierend; die beobachtbaren Veränderungen wirken und ziehen mit einer manchmal langen, manchmal auch erschreckend kurzen Reaktionszeit Ereignisse nach sich, die sich intern und auch extern bemerkbar machen. Wenn die zunächst einzige Veränderung in den Persönlichkeiten von Übergeber und Übernehmer liegt, ist es angebracht, sich mit den jeweiligen Persönlichkeitsstrukturen auseinanderzusetzen.

Die Persönlichkeiten von Übergeben und Übernehmer

Die Persönlichkeitsbeschreibungen für jede der beiden Gruppen sind so mannigfaltig wie es Übergeber und Übernehmer gibt. Dennoch kann man – speziell im KMU-Bereich – gewisse Merkmalsstrukturen von Übergebern und von Übernehmern angeben, die eine annähernd allgemeinere, zumindest aber weitreichendere Gültigkeit haben könnten.

Übergeber sind oftmals Pioniere, die das Unternehmen zu dem gemacht haben, was es zum Übergabezeitpunkt ist: ein stark gewachsenes Unternehmen im KMU-Bereich. Die Unternehmung steht meist solide da und ist sowohl am Markt als auch bei den Mitarbeitern gut gefestigt. Manchmal kann die Unternehmensentwicklung auch soweit fortgeschritten sein, dass die vom Gründer geschaffenen Strukturen dem Unternehmer „über den Kopf gewachsen“ sind. Dadurch kann das Unternehmen sogar gefährdet sein, ohne dass dies vom Übergeber wahrgenommen wird. Das kann auch mit Realitätsverweigerung zu tun haben.

Häufige Persönlichkeitsmerkmale von Übergeber sind:

  • Der Übergeber hat sein Handwerk von der Pike auf erlernt. Er ist deutlich mehr Praktiker als Theoretiker.
  • Er hat sein Unternehmen ganz wesentlich gestaltet und war auch stets Ansprechperson und Entscheider in allen Belangen. Er hat damit stets „an“ seinem Unternehmen gearbeitet und weniger „in“ seinem Unternehmen.
  • Die gesamte Organisation war stets auf ihn fixiert; er hat das patriarchalisch geführt; manchmal konnte das autoritär wirken. Widerspruch wird oft auch gar nicht geduldet, genauso wenig, wie Hilfe angenommen wird.
  • Er ist sehr kostenbewusst und hat die Kardinalstugend des Sparens auch in „besseren Zeiten“ beibehalten.

In diesen „Schuhen“ kann der Übernehmer oft nicht gehen! Ihre Ausgangssituation ist ganz anders, und sie sind vielfältiger „gestrickt“:

  • Ihr bisheriges Leben war von Verwöhnung geprägt. Oder: Der Vater hat bereits früh begonnen, den Übernehmer in das Unternehmen einzuführen. Dies kann mitunter auch ziemlich anstrengend bis rau gewesen sein, zumindest aber fordernd.
  • Sie haben eine gute bis sehr gute Ausbildung und einen Universitäts- oder FH-Abschluss.
  • Es kann auch sein, dass sie im Betrieb und im Schutz des Vaters eine Lehre gemacht haben.
  • Sie kennen die Unternehmung „vom Küchentisch“ von Kindheit an, ohne sich viel mit dem Unternehmen direkt auseinandergesetzt zu haben.
  • Die „Härte“ eines Lebens in der „ungeschützten“ Wirtschaft haben sie selten kennengelernt. Damit fehlen ihnen auch die nötige Durchschlagskraft, eine Beharrlichkeit in Verbindung mit Stehvermögen.
  • Den patriarchalischen Führungsstil des Übergebers lehnen sie ab und bevorzugen den kooperativen Führungsstil. Aufgrund der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit gleitet dieser gelegentlich auch in einen angepassten Führungsstil ab.
  • Er hat hochfliegende Pläne und weiß, was er „anders“ machen will.

Es geht in dieser groben Beschreibung nur darum, dass der Leser sich in die aus den unterschiedlichen Profilen sich ergebenden Problematiken und Systemveränderungen hineindenken und die möglichen Auswirkungen vorhersehen kann. Im Grunde ist es wie bei einem Trainerwechsel im Fußball; auch dort soll eine Mannschaft in der jeweiligen Liga zum Erfolg geführt werden. Das kann eine weitgehende Beibehaltung der Stärken sein, aber auch eine gänzliche Veränderung der Spielausrichtung. Manche Trainer können die Spielanlage erfolgreich umstellen, und einigen gelingt das nicht. Manchmal dauert es auch eine gewisse Zeit, bis sich die Spieler und die neuen Spielzüge eingespielt haben.

Erwartung und Verhalten

Die Mitarbeiter haben sich meist mit den Gegebenheiten arrangiert. Auch wenn oftmals vieles nicht passt, so ist die Sicherheit, die damit gegeben ist, ausreichendes Motiv, keine Änderungen herbeizuführen. Sicherheit als Urmotiv des Menschen wirkt sehr stark beharrend; dies kann soweit gehen, dass „Leiden stärker als Lösen“ ist.

Diese Sicherheit wird durch die Unternehmensübergabe massiv gestört. Alleine der Zustand der Unsicherheit löst massive Reaktionen im gesamten Umfeld aus, ohne dass der Übernehmer dazu Einfluss nehmen kann. Das Umfeld merkt intuitiv, in welcher Situation ein Unternehmen ist. Je latenter eine bevorstehende Krise ist, desto stärker werden die Reaktionen ausfallen. Von Seite der Banken können das weitere unerwartete Sicherheiten zur Risikoabdeckung vom Unternehmen sein, die verlangt werden, von Seite des Marktes eventuell Preisnachlässe, kürzere Lieferzeiten, aber auch Sonderprodukte, und von Seite der Mitarbeiter können das Forderungen in Richtung höheren Entgelts oder höherer Stellung im Unternehmen sein.

Kennzeichnend in der Phase des Übergangs ist, dass sich alle entweder eine Verbesserung oder eine Reduktion des Risikos versprechen. Andernfalls würden sie unverzüglich reagieren. Für den Übernehmer kommen damit klare Erwartungen dazu, die mehr oder weniger offen – meist eben weniger – bekannt sind. Das erschwert seine Situation, weil er aufgrund der fehlenden Kenntnis von Erwartungen nicht darauf reagieren kann. Er will aber vielmehr agieren und selbst neue Akzente setzen. Das bedeutet eine neue oder geänderte Strategie und damit neue Handlungen. Das ruft auf allen Ebenen Unsicherheit hervor, weil ein „mehr vom Gleichen“ nicht unbedingt bessere Ergebnisse hervorbringt und neue Wege immer mit offenen Fragen gepflastert sind. Das Urverlangen nach Sicherheit wird dadurch gestört, und es treten Beharrungskräfte auf. Die unterschiedlichen Bedürfnisse je Umfeldbereich sind vom Übernehmer auch kaum auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, sodass die Diskrepanz zwischen erwartetem Verhalten und erlebten Verhalten noch spürbarer wird.

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Abb.: Erwartungsmodell; Diskrepanzen zwischen erwartetem, beabsichtigtem und erlebtem Verhalten zwischen Übergeber bzw. Übernehmer und betrieblichem Umfeld.

Kennzeichnend für eine Übergabe/Übernahme ist auch, dass sich die Erwartungshaltungen des Umfeldes an den Übernehmer ändern. Die Diskrepanz zwischen erlebtem Verhalten vom Übergeber zu den erlebten Handlungen vom Übernehmer wird noch spürbarer. Verhaltensweisen, die vom Übergeber akzeptiert wurden, werden beim Übernehmer nicht automatisch auch angenommen.

Fazit

Eine zwingende Veränderung in der Unternehmungsführung ist bei einer Übernahme alleine schon durch den Wechsel der Personen gegeben. Das löst bei den meisten Mitarbeitern Unsicherheit aus; die Wirkung ist, dass Beharrungskräfte jede Veränderung nur wie zähe Masse fließen lassen. Der 2. Teil beschäftigt sich mit diesen Beharrungskräften und gibt Hinweise, wie ein Führungsübergang gelingen kann.

Autor: Dr. Norbert Obermayr

Businessplanerstellung bei Nachfolgen und Übernahmen

Im Rahmen des Managementcenter Nord wurden österreichische Steuer- und Unternehmensberater befragt, woran deren zu betreuenden Klienten aufgrund von Übernahmen bzw. Nachfolgen gescheitert sind. In 51 % der Fälle wurde das Fehlen eines Businessplanes und in der Folge das Fehlen eines Controllings als wesentlich für das Scheitern von Nachfolgen gesehen.

Normalerweise erstellt man einen Businessplan mit den klassischen Elementen von der Strategie über die Stärken-Schwächen-Analyse bis zur Budgetplanung in Hinblick auf das zukünftige Geschäftsziel. In Nachfolgesituationen empfiehlt sich darüber hinaus eine Gegenüberstellung zwischen Ist- und Sollsituation zu entwickeln. Also ein Businessplan mit jeweils 2 Spalten: Eine Spalte, in welcher der Sollzustand nach Übernahme eingetragen wird und eine zweite Spalte, in welcher gegenüberstellend der aktuelle Zustand aufgezeigt wird. In dieser Form sieht man am besten, welche Kriterien im betreffenden Fall zu einer erfolgreichen Übernahme führen.

Die Struktur und Fragestellungen können wie folgt aussehen:

Istzustand des Unternehmens? Situation, in der sich das Unternehmen befindet. Sollzustand des Unternehmens? Situation, die nach der Übernahme/Nachfolge erzeugt werden soll.

Ziele, Strategie, Geschäftsidee, -modell, Rollen

Was ist die grundlegende Geschäftsidee? Wie ist das Geschäftsmodell aufgebaut?Wie sieht die aktuelle Strategie des Unternehmens aus?

Welche Ziele verfolgt das Unternehmen mit welchem Erfolg?

Rolle des Übergebers vor und nach der Übergabe?

Was sind die Kernkompetenzen des Unternehmens?

Wo liegen die Alleinstellungsmerkmale?

 

Wie wird sich die Geschäftsidee ändern? Welche Aspekte wird es nicht mehr geben? Welche Geschäftsideen kommen dazu?Was verändert sich somit am Geschäftsmodell?

Wie ist die Strategie anzupassen?

Welche Ziele leiten sich hieraus ab?

Was möchte der Übernehmer / Nachfolger persönlich mit dem Unternehmen erreichen?

Rolle des Übernehmers/Nachfolgers vor bzw nach der Übernahme?

Welche Erfordernisse an die Kernkompetenzen stellt die Zukunft und wo werden die Alleinstellungsmerkmale dann liegen?

Produkte / Leistungen / Zielgruppen / Nutzen

Wie sind die derzeitigen Produkte und Leistungen beschaffen?Welche Zielgruppen gibt es?

Was sind die Hauptmerkmale?

Wie sind diese kalkuliert?

Welche Produktmerkmale sind dem Kunden wichtig?

Welche Hauptnutzen werden für welche Zielgruppen hergestellt?

 

Welche Zielgruppen werden in Zukunft forciert?
Welchen Nutzen erwarten sich diese Zielgruppen? Welche Bedürfnisse haben die spannendsten Zielgruppen?Welche konkreten Produktmerkmale werden sich daher verändern?

Wie wird diese Produktentwicklung bewerkstelligt?

Wie sind diese Produkte dann kalkuliert?

Markt

Wie groß ist der Markt hinsichtlich der derzeit bedienten Zielgruppen?Welches Potenzial liegt hier vor?

Wie weit ist dieses ausgeschöpft?

Wie wurden derzeit diese Kunden erreicht und bedient?

Welche Marktregeln liegen vor?

Wie erfolgt der Vertrieb?

 

Wie groß ist der Markt in Zukunft hinsichtlich der zu forcierenden Zielgruppen?Wie ändert sich dieses Potenzial?

Wie kann das Potenzial erreicht werden? Was ändert sich daher in der Vertriebsstruktur?

Wie müssen in Zukunft die Kunden anders angesprochen werden, um diese zu erreichen?

Wie ändern sich die Marktregeln bzw wie können die Marktregeln gestaltet werden?

Mitbewerb

Wie ist der derzeitige Mitbewerb beschaffen?Wie reagiert der Mitbewerb auf das eigene bestehende Angebot?

 

Wie ändert sich der bestehende Mitbewerb?Was ändert sich bei der Konkurrenz aufgrund der Änderungen?

Wie wird der Mitbewerb auf die Veränderungen reagieren und wie kann dem begegnet werden?

Personal, Management, Struktur und Prozesse

Wie ist das Personal derzeit strukturiert (dh welche Hierarchiestufen, Qualifikationen, Altersstruktur, etc liegen vor)?Welche Vor- und Nachteile bietet die vorliegende Struktur?

Welche Kennzahlen wie Personalfluktuation, Mitarbeiterzufriedenheit, Krankenstände, etc. zeigen welche Themen auf?

Welche Prozesse und insbesondere Schnittstellen bestehen und welche Engpässe können hier identifiziert werden?

Welche Führungsinstrumente werden eingesetzt?

Welche Aufgaben haben die Schlüsselpersonen?

 

Was muss in der Personalsituation anders strukturiert werden?Wohin wird sich das Personal mittelfristig entwickeln?

Was wird sich in den Prozessen ändern, welche Schnittstellen werden Probleme bereiten, wo werden Engpässe entstehen und wie können diese Problemstellungen gelöst werden?

Wie kann die Veränderung gesteuert werden?

Was wird sich im Bereich der Schlüssel-personen verändern?

Welche neuen Führungsinstrumente kommen zum Einsatz und was sollen diese bewirken?

Infrastruktur

Welche Infrastruktur (Geräte, Maschinen, Standorte, Betriebsräumlichkeiten, etc.) liegt vor?Was leistet die Infrastruktur?

Welche Erfordernisse in der Infrastruktur sind gegeben (z.B. Instandhaltungsbedarf)?

 

Wie muss die Infrastruktur angepasst werden?Was ist auszuscheiden, zu erhalten oder zu erneuern?

Was kann übernommen werden und was nicht?

Ressourcen / Know How /  Netzwerke / Kooperationen

Welche weiteren Ressourcenzugänge hat das Unternehmen (z.B. Rohstoffversorgung)?Welches Spezial-Know-How ist gegeben?

Wie weit ist der Erfolg in bestimmten Bereichen vom Übergeber abhängig?

In welchen Netzwerken und Kooperationen befindet sich das Unternehmen?

 

Wie wird sich der Ressourcenzugang verändern und was ist hier zu tun?Welches Spezial-Know-How ist zusätzlich erforderlich? Welches geht verloren bzw. welches muss auf welche Weise erhalten werden?

Wie kann die Abhängigkeit des Erfolges vom Übergeber eliminiert werden?

Wie können Netzwerke, Kontakte und Kooperationen leistungsfähig übergeben werden und wie sind diese in der Zukunft aufzubauen?

Rahmenbedingungen (Rechtsform, Finanzierung)

Welche Rechtsform hat das Unternehmen? Vor- und Nachteile der Rechtsform?Ist die Rechtsform sinnvollerweise vor Übergabe noch zu ändern (asset deal versus share deal)?

Wie ist die Finanzierung aufgestellt?

Welchen Kapitaldienst kann das Unternehmen leisten?

Welchen Preis müsste der Übergeber erhalten, um im Alter davon leben zu können?

 

Welche Rechtsform ist für den übernommenen Betrieb am sinnvollsten?Was sind die Gründe dafür?

Wie kann in die neue Rechtsform überführt werden?

Wie kann die Finanzierung der Übernahme, aber auch des laufenden Geschäftsbetriebes sichergestellt werden?

Welcher Kaufpreis kann aufgrund der zu erwartenden Renditen verkraftet werden?

Welche Auswirkung hat das sich ändernde Geschäftsmodell auf die Finanzdaten des Unternehmens?

Wie können eventuelle Finanzierungsthemen gelöst werden?

Fahrplan

Zeitpunkt der Übernahme?Milestones?

Kaufpreisfindung?

Vorbereitungsmaßnahmen auf Übergeber- und Übernehmerseite?

Monetäre Planung (Leistungsbudget, Finanzplan, Planbilanz)

 

Und beachten Sie: Das Erstellen des Businessplanes – also der Prozess – ist wesentlicher, als dann das Ergebnis an sich. Denn bei der Erstellung werden jedem Übernehmer und Nachfolger die Erfolgsfaktoren bewusst, die es in der Folge zu beachten gilt. Dieses Bewusstsein führt ganz automatisch zu erfolgreicheren Nachfolgen.

Darüber hinaus sollten Steuerungswerkzeuge (also Controllinginstrumente) eingerichtet werden, welche unmittelbar erkennen lassen, ob der Übernehmer bzw. Nachfolger in seinen Umsetzungsmaßnahmen und Umsetzungsergebnissen auf Kurs liegt.
Gerne unterstützt Sie das Managementcenter Nord hierbei

In den weiteren Newslettern werden wir Schritt für Schritt die immer wesentlicheren Punkte, woran Übernahmen und Nachfolgen scheitern, beschreiben und Lösungsansätze hierfür anbieten.

Autor: Mag. Harald Schützinger